Warum Weihnachten mit Kindern zur Weihnachtskatastrophe werden kann

Dez 10, 2022 | achtsam Elternsein: Familie & Kinder in Verbindung

Weihnachtsrealität

Weihnachten ist die Zeit der Familie. Eine Zeit, in der groß und klein zusammenkommen. Was sich in der Theorie besinnlich anhört ist in der Praxis meist mit nicht unwesentlichem Streß verbunden. An Heiligabend kommen die Großeltern zu Besuch und es gibt ein Festmahl sowie Kaffe und Kuchen vor der Bescherung für die Kinder. An den Weihnachtsfeiertagen geht es dann los die restliche Verwandschaft besuchen. Überall hallo sagen, Kaffee trinken, Geschenke austauschen. So oder  so ähnlich sieht der Zeitplan vieler Familien mit Kindern aus. Da gibt es schon die Tage und Wochen vor Weihnachten viel vorzubereiten. 

Je jünger die Kinder sind, desto anstrengender ist so ein Programm für alle Beteiligten. Zwischen Windeln wechseln und Stillen eine Familienfeier organisieren, Verwandtschaft bewirten oder auch einfach nur teilnehmen und sich angeregt unterhalten ist nahezu unmöglich. Die Erwartungen aller Beteiligten, die auf die anwesenden Kinder einströmen tun ihr übriges. Gebt artig die Hand. Sagt brav hallo. Bleibt ruhig am Tisch sitzen. Quengelt nicht rum und wackelt nicht auf dem Stuhl hin und her. Jetzt wird nicht gespielt, wir trinken noch Kaffee und du willst doch auch schön brav sein damit das Christkind oder der Weihnachtsmann dir Geschenke bringt, oder? 

Weihnachten gleicht mitunter einer Aufführung, in der Erwachsene von Kindern erwarten, dass sie sich von ihrer besten Seite zeigen – und dabei möglichst nicht auffallen oder die Unterhaltung und das Zusammenkommen der Großen stören. 

Selbst wenn eine Familie mit Kindern ohne Verwandschaft im kleinen Kreis feiert. Nur die Eltern mit den Kindern ist sie meist nicht völlig frei von den Prozessen, die hier wirken.

Für Kinder sind solche Events meist eine absolute Überforderung und alles andere als kindgerecht. Für Eltern bedeuten sie Streß pur, wenn sie versuchen allen Bedürfnissen gerecht zu werden, gute Gastgeber zu sein, alten Familiengeschichten möglichst friedlich zu begegnen, ihre Kinder gut zu begleiten und ihnen einen schönen Tag zu bereiten und selbst nicht zu kurz zu kommen. Klingt unmöglich? In der Tat…

Lasst uns einen Blick darauf werfen, was Erwartungen damit zu tun haben, dass Situationen mit Kindern schwierig zu werden beginnen. Dabei beschränke ich mich erstmal auf ein Weihnachtsfest im kleinen Kreis, wenn nur die Bedürfnisse, Wünsche und Erwartungen von Eltern und Kindern aufeinanderprallen. 

Wer mit Großeltern feiert oder Familienbesuch bekommt kann direkt noch ein paar weitere Bedürfnisse, Erwartungen und Temperamente hinzuaddieren. Und schon ist sie perfekt: die Weihnachtskatastrophe.

Die Weihnachtskatastrophe

Weihnachten, Rituale, glückliche heile Welt. In unserer Vorstellung und in unseren Sehnsüchten wünschen wir uns mehr noch als das restliche Jahr über in der Zeit vor Weihnachten gemeinsame Erlebnisse mit unseren Liebsten, Frieden und Harmonie. Gemeinsam vor dem Adventskranz sitzen und besinnliche Lieder singen, in entspannter Atmosphäre zu Abend essen, und glückliche Momente mit unseren Kindern bei gemeinsamen Aktivitäten wie basteln, backen oder die Wohnung schmücken.

Nun, ich brauche kaum sagen, dass Wunsch und Realität meist sehr weit auseinander liegen. Umso mehr, je mehr wir bestimmte Vorstellungen davon haben, wie etwas sein oder ablaufen soll. Immer dann, wenn unsere Kindern spüren, wie unser eigener innerer Druck und unsere Enttäuschung zu wachsen beginnen, können gemeinsame Aktivitäten schnell chaotisch enden.

Statt ruhig am Abendbrottisch zu sitzen und zu warten, bis Onkel Theo und Tante Erna fertig gegessen haben, wird herumgehampelt, dazwischengequatscht. Geschwisterkinder streiten sich noch mehr und lautstärker als sonst. Das Glas mit der Apfelsaftschorle überschwemmt natürlich den ganzen Tisch. Das Essen schmeckt sowieso nicht oder es sind kleine grüne Punkte drin. Das Besteck ist das falsche. Ein Heulkrampf jagt den nächsten. Dazwischen Eltern, die es besonders gut machen wollen und immer verzweifelter werden. Die Nerven liegen früher oder später bei allen blank. Und der Frust darüber steigt, dass es an einem Tag wie Weihnachten noch schlimmer zu sein scheint als an allen anderen Tagen.

Eltern, die es besonders gut machen wollen befinden sich im Spagat zwischen den Bedürfnissen ihrer Kinder, denen der Verwandtschaft inklusive evtl, wertender Blicke und gutgemeinten Ratschlägen, was und wie sie alles besser machen könnten und den eigenen Idealen, Wünschen und Bedürfnissen.

Mit Familienbesuch dürfen Eltern sich noch den Blicken oder Kommentaren ausgesetzt fühlen, die gute Ratschläge parat haben, wie sie besser mit ihrem Kind umgehen sollten, warum sich das Kind so verhält und dass sie nicht genug Grenzen setzen, schon merken werden, was sie davon haben und dass ihnen eine Ohrfeige auch nie geschadet hat. So oder so ähnlich kann das aussehen.

Was macht das mit uns Eltern, wenn wir einerseits unsere eigenen Wünsche und Vorstellungen haben und alles, was wir tun  wie unser Kind sich verhält den wertenden Blicken der gesamten Verwandtschaft ausgesetzt ist? Richtig. Die Anspannung nimmt dadurch nicht ab. Es ist weder hilfreich noch zielführend. Ruhig und besonnen zu bleiben in solchen Situationen erfordert eine Buddha Natur, die sich selbst wenn sie vorhanden ist kaum die ganzen Feiertage über aufrecht erhalten lässt. Ob mit oder ohne gutgemeinten Ratschlägen der Familie kommen Eltern an den Punkt, an dem sie sich fragen: Kann es nicht einmal im Jahr ruhig zu gehen? Besinnlich? Friedlich und harmonisch?

Bei anderen klappt es doch auch. Warum bei uns nicht?

Eltern beginnen an sich selbst und ihrem Kind zu zweifeln und zu verzweifeln. Und Gedanken wie diese schleichen sich ein: „Wie kann es sein, dass unser Kind nicht einmal …. kennt das Kind vielleicht keine Grenzen. Warum lacht es uns auch noch frech an und tut erst recht nicht, was wir ihm sagen? Kann nicht mal ein Tag Frieden zwischen den Geschwistern herrschen? Können wir nicht erwarten, dass sich unsere Kinder einmal im Jahr ein wenig zusammenreissen? Hätten wir vielleicht anders erziehen müssen? Offenbar machen wir alles falsch. Bei anderen klappt es doch auch. Warum bei uns nicht?“

Zuerst einmal möchte ich gerne diejenigen enttäuschen – oder vielleicht eher beruhigen, die glauben, dass bei anderen Familien alles immer super funktioniert und es keinerlei Probleme gibt. Es mag uns so scheinen – und es entspricht nicht der Realität. Wir sitzen nur in unserer Familie und deshalb fühlt es sich für uns so an, als wäre dies auch nur bei uns so. Wenn wir andere Familien mit Kindern sehen, dann für eine begrenzte Zeit. Wir leben im Normalfall nicht mit ihnen unter einem Dach. Wir sind nicht dabei und sehen nicht, wie schwierig die Situationen bei ihnen sind, wenn das Kind Zähne putzen soll, wenn es gerne noch mehr fernsehen möchte oder am Morgen nicht in den Kindergarten will. Nicht nur in unserer eigenen Familie gibt es sie: die Herausforderungen der Elternschaft, die sich einschleichende Verzweiflung oder der Frust. Die Momente, in denen wir nicht wissen, was wir hätten anders machen können und warum unser Kind sich jetzt gerade so verhält, wie es sich verhält.

Wenn Eltern beginnen an sich, ihrer Erziehung und ihren Kindern zu zweifeln  verlieren sie dabei den Kontakt zu sich selbst und ihren Kindern. Wer zweifelt  kann nicht mehr sehen, was alles gut ist und dass das eigene Kind ein wundervoller Mensch ist. Stattdessen setzen wir dann die defizitorientierte Brille auf. 

Die Idee von einer glücklichen Familie scheint in weite Entfernung zu rücken. Um Weihnachten herum wünschen wir uns dieses Rama-Familienbild noch mehr als sonst. Wir wollen es besonders gutmachen. Unsere Batterien sind dabei selten gut gefüllt und unsere Bedürfnisspeicher leer. Und genau das macht es oft erst richtig schwierig….

Lasst uns erstmal von Erwartungen sprechen

Je mehr Erwartungen und Vorstellungen wir davon haben, wie eine Aktivität ablaufen soll, umso eher können Gedanken wie diese auftauchen. Und umso eher werden sie auch wirklich formuliert.

„Könnt ihr euch nicht einmal im Jahr nicht streiten? Kannst du einmal hören? Wir wollten einfach einmal in Ruhe gemeinsam essen. Wenn du dich nicht konzentrierst wird das nichts mit dem basteln und wir wollten das doch Oma und Opa schenken. Jetzt bleib doch mal ruhig sitzen. Es ist wirklich zum verzweifeln, kannst du nicht einmal….“

Von der Sehnsucht nach einer glücklichen Familie, Bedürfnissen  und Grenzen

Die uns innewohnende Sehnsucht nach einer glücklichen Familie, in der groß und klein gut miteinander auskommen kann uns schneller an unsere Grenzen bringt.

Schneller als das restliche Jahr über sind die Grenzen von uns Eltern erreicht. Nicht, weil wir unsere Kinder weniger lieben, sondern weil wir unsere eigenen Bedürfnisse zu lange ignoriert haben, weil wir uns in dieser Zeit vielleicht auch für uns selbst eine „besondere Zeit“ und vor allem auch eine kleine Pause wünschen. Zeit für uns, Zeit für andere Erwachsene. Vieles, was uns ansonsten fehlt oder was zurückstehen muss.

Vielleicht sind da auch Erinnerungen an das Gefühl, das wir an Weihnachten als Kinder hatten oder häufig auch die Tatsache, was uns selbst als Kind gefehlt hat und wonach wir unser Leben lang suchen und suchen. Die Sehnsucht nach einer glücklichen und liebevollen Familie, nach Verbundenheit und Harmonie ist jetzt besonders groß. Eine Familie, in der es keinen Streit gibt, eine Familie, in der sich alle respektvoll begegnen, eine Familie, in der große und kleine gut miteinander auskommen. Ja, das ist ein wahrer Weihnachtswunsch. Ein Wunsch, der uns davon erzählt, was wir in unserer Kindheit oder in unserem Leben vermissen.

Eltern können weniger gut da sein für ihre Kinder, wenn sie ihre eigenen Bedürfnisse zu lange missachtet haben

Die Sehnsucht ist so groß. Die Erschöpfung ebenfalls. Und so kann ein kleiner Konflikt, eine Diskussion darüber, welche Schuhe nun adäquat sind, um nach draussen zu gehen (weshalb die goldenen Sandalen bei Schnee in unseren Augen keine gute Idee sind)  schon mehr in uns auslösen, als wenn wir gut aufgestellt sind.

Eltern kommen mitunter schneller an ihre Grenzen. Kinder, die darauf angewisen sind, dass sie Erwachsene um sich haben, die sie Co-regulieren können also ebenfalls.

Erwartungen führen zu Frust

Verständlich, dass Frustration auf beiden Seiten vorprogrammiert ist. Denn je mehr Erwartungen (Wünsche, Sehnsüchte oder Vorstellungen) wir haben, desto eher können sie enttäuscht werden. Je mehr wir in unserem Kopf planen, wie estwas ablaufen und sein soll, umso enttäuschter sind wir, wenn es Abweichungen von unserer Vorstellung gibt.

Wir hatten es uns so gut ausgemalt. Das gemütliche Beisammensitzen und dann. die leuchtenden Kinderaugen und das Glück, das für alle spürbar wird. Dass es fast einer Disney-Fantasie entsprungen ist, können wir selten sehen. Denn: Eltern brauchen etwas, woran sie sich festhalten können. Einen Lichtschein, das Gefühl, da wird es auch eine Zeit geben, in der es anders ist, es wird Momente geben, die unsere Batterien wieder aufladen – einfach, indem wir alle zusammen sind und es einfach nur gut ist. Wenn unser Plan nicht aufgeht und das gemeinsame Essen zur Katastrophe ausartet, Besteck auf dem Boden landet und ein kindlicher Meltdown bevorsteht zerbröseln unsere Träume und Vorstellungen davon, wie dieser Tag hätte ablaufen sollen und Frust, Trauer und Wut machen sich breit.

Es ist wie bei unseren Kindern auch. Sie möchten Kartoffelbrei zum Abendessen, es gibt aber Reis mit Gemüse. In ihrem Kopf bleiben sie an der Vorstellung hängen, was sie sich gewünscht haben und sind enttäuscht, frustriert, wütend. Uns Erwachsenen geht es ebenso. Werden unsere Erwartungen nicht erfüllt macht das etwas mit uns. Wenn wir wirklich ehrlich sind und in uns hineinspüren fühlen wir schon früh, dass sich etwas in uns zusammenzieht und ungut anfühlt – mit jedem bischen, das an einem solchen Tag nicht funktioniert. Und irgendwann ist „das Fass voll“ und wir sitzen in unseren Emotionen und lassen vielleicht unserem Frust freien Lauf.

Eltern übergehen ihre eigenen Grenzen. Ständig. Das ist der wahre Grund, warum es schwierig wird. Warum unsere Kinder nicht mehr kooperieren können. Warum Eltern laut werden. 

Kinder sind kognitiv lange noch gar nicht in der Lage umzuplanen, weshalb die Reaktionen bei ihnen auch unmittelbarer und heftig ausfallen können. Doch auch wir Eltern reagieren (irgendwann) enttäuscht. Und vor allem steigt mit zunehmendem Druck der Streßpegel in der ganzen Familie.

Eltern in der Stressfalle

Auf Seiten der Eltern, die häufig mehr als sonst das Gefühl haben, das nie irgendwas so funktioniert, wie es für sie okay wäre, dass sie nur funktionieren und niemals eine Pause bekommen oder ein schönes Erlebnis. Dass es für immer „so schwierig“ bleibt und sich niemals etwas ändern wird. Wenn es nicht einmal wenigstens an Weihnachten oder wenigstens während dieser fünf Minuten funktionieren kann.

Wenn sie dann noch nicht nur ihren Kindern und sich selbst gerecht werden wollen, sondern auf einer Familienfeier sitzen oder gar Gastgeber sind jonglieren sie mit zusätzlichen Bedürfnissen und Ansprüche der Menschen um sie herum. 

Besonders herausfordernd, da es in jeder Familie alte Geschichten und Spielregeln des Zusammenseins gibt, die unter der Oberfläche schlummern und nicht selten schon eine Grundspannung verursachen, bevor überhaupt irgendwer zur Tür hereingekommen ist. Der Streßpegel von Eltern ist also schon vor Beginn der Feierlichkeit nicht bei „entspannt“, sondern teils jetzt bereits deutlich erhöht. Und das nehmen auch die Kinder bereits wahr. Spätestens, wenn soviel zusammengekommen ist, dass der Streß beginnt die Skala zu sprengen scheint alles verloren und die Weihnachtskatastrophe perfekt.

Kinder unter Druck fallen aus der Kooperation

Und auf Seiten des Kindes, das auf den Druck und die Verletzung reagiert, die ihre Eltern aussenden:

Umso mehr Rückmeldungen unser Kind bekommt, umso weniger gut kann es mit uns kooperieren. Eine Rückmeldung muss dabei nicht unbedingt ein formulierter, in Worte gefasster Satz sein – auch ein Seufzen, ein Augenrollen oder auch nur die Stimmung und Gefühl, die sich bei uns breit machen sind Rückmeldungen, die Kinder alle wahrnehmen können. Der Geduldsfaden, der kürzer oder der Tonfall, der genervter wird.

Wir schimpfen schneller und der Sog Weihnachten als Druckmittel zu verwenden ist groß. Der Nikolaus, für den die Kinder brav sein sollen oder das Chrsitkind oder der Weihnachtsmann, die sonst keine Geschenke oder nur Kohlen bringen werden….

Kinder reagieren sehr verlässlich und häufig unmittelbar auf den wahrgenommenen oder auch aktiv formulierten größer werdenden Druck. Sie werden vielleicht noch zappeliger, lauter, quengliger, unkooperativer. Das wiederum wirkt wieder auf Eltern, bei denen sich Frust und Enttäuschung breit machen und bestärkt werden. Und schon sitzen wir in einem Kreislauf fest. Die Folge ist wieder, dass Eltern den Kontakt verlieren und in ihrer Verzweiflung beginnen zu zu alten Erziehungsmethoden zu greifen. Sie schimpfen und strafen. Ja, Weihnachten ist wahrlich nicht das Fest der Liebe, wenn wir es so betrachten. 

Gibt es ein Entkommen aus diesem Kreislauf?

Doch wie können wir aus diesem sich gegenseitig hochschaukelnden Kreislauf aussteigen? Darf uns denn nicht auch mal etwas wichtig sein? Was können wir tun, um solche Situationen nicht auftreten zu lassen oder sie rechtzeitig noch  entschärfen zu können? Denn eines ist klar. Ab einem bestimmten Punkt verlieren wir die Kontrolle und die Möglichkeit die Situation noch zu verändern. Das Fass ist voll und die Stimmung im Keller. Das Kind schreit oder weint und mitunter auch das Elternteil.

Nicht nur die unseres Kindes, auch unsere eigene Amygdala, unsere Not-Schalt-Zentrale im Gehirn hat beschlossen die Führung zu übernehmen. 

Was könnten wir also tun, solange wir noch können – oder am Besten noch bevor wir überhaupt in den Kreislauf einsteigen?

Familie ist keine Harmonieveranstaltung. Auch und gerade nicht an Weihnachten.

Aus dem Kreislauf aussteigen können wir, indem wir uns zuallererst einer Tatsache bewusst sind und uns auch immer wieder daran erinnern:

Familie ist keine Harmonie-Veranstaltung. Auch nicht in der Weihnachtszeit.

Ja, Besonders nicht in der Weihnachtszeit, an Geburtstagen, Feiertagen, im Urlaub oder zu anderen Zeiten,  zu denen uns etwas besonders wichtig ist. Wer kennt es nicht, dass Kinder genau dann nicht ruhig spielen wenn wir ein Gespräch am Telefon haben oder beim Arzt sitzen und Ruhe brauchen? Wenn wir im Urlaub sind und gern Zeit itieander verbringen wollen? Oder wenn der Kindergeburtstag, der so gut geplant erschien sich anders entwickelt, als wir es uns vorgestellt hatten?

Erwartungen loslassen

Das Loslassen unserer eigenen  Erwartungen ist essenziell. Es bedeutet nicht, dass uns nichts mehr wichtig sein darf. Es bedeutet nur, dass wir keiner Situation gut begegnen können, wenn uner Nervensysten in einen Zustand von Not umschaltet. Und das tut es, wenn es das Gefühl hat, dass wir nicht gehört werden, wenn unsere eigenen Bedürfnisse übergangen werden. Umso mehr, je drängender das Bedürfnis oder der Wunsch ist.

Wenn wir also nicht von eigenen Gefühlen überschwemmt werden wollen, wenn unsere Kinder, die auf diese reagieren,  nicht völlig am Rad drehen sollen und wenn wir uns wirklich und ehrlich für die Beziehung statt Erziehung mit Druck, Strafen oder Schimpfen entscheiden.

Beziehung bedeutet dabei nicht, dass alles immer rosig ist. Nicht mal in der Vorweihnachtszeit. Leider.

Ich verstehe den Wunsch und die Hoffnung. Ich bin selbst Mutter von drei Kindern und nicht immer frei von solchen Wünschen und Gedanken. Es ist menschlich und verständlich. Wir dürfen nachsichtig mit uns sein.

Kinder tun nichts gegen uns. Warum sie trotzdem nicht mehr kooperieren (können):

Gleichzeitig dürfen wir uns einfach immer wieder und wieder daran erinnern, dass unsere Kinder uns nicht boykottieren und dass Kinder grundsätzlich versuchen mit uns zu kooperieren. Wenn sie es nicht tun sind sie entweder verletzt oder haben schon überkooperiert, sind überreizt oder überfordert. Es ist also an uns die Situation zu verändern und das Gefühl mit dem wir an die ganze Sache rangehen. Denn nur wir Eltern sind für die Atmosphäre verantwortlich, die in unserer Familie herrscht. Wir sind die Erwachsenen in der Beziehung und es ist unsere Verantwortung, nicht die unseres Kindes.

 

Fazit

Weihnachten steckt voller Potential zu einer Katastrophe zu werden. Besonder eigene Erwartungen und Vorstellungen, wie etwas ablaufen soll, wie unsre Kinder sich verhalten sollen, damit wir einen wirklich schönen Tag gemeinsam haben, tragen dazu bei, dass sich Situationen eher zuspitzen als entspannen. 

Je mehr Erwachsene anwesend sind umso mehr Bedürfnisse stehen im Raum. Wenn auch noch Großeltern oder Verwandte zum Weihnachtsfest kommen wächst der Druck sowohl auf Eltern, deren Erziehungskompetenz laufend angezweifelt wird als auch auf Kinder, die sich gar nicht so verhalten können, wie es von ihnen erwartet wird. 

Kinder haben feinen Antennen und spüren diese Erwartungshaltung – und sie spüren die Gefühlslage ihrer Eltern. In einer regelrechten Zwickmühle zwischen den eigenen Befindlichkeiten und Bedürnissen und dem Wunsch mit den Eltern zu kooperieren wird der Druck irgendwann zuviel. Die vielen Reize und die Aufregung über einen lang ersehnten Tag tun ihr übriges dazu, dass Kinder sich nicht mehr kooperativ verhalten können, Babys viel weinen oder dauerstillen wollen, Geschwister nur noch streiten und der Familiensegen früher oder später reichlich schief hängt. 

Das, was wir Eltern tun können ist das Weihnachtsfest zu verlangsamen. Weniger Reize, weniger Aufgaben für uns Eltern, weniger Bedürfnisse, für die wir zuständig sind, weniger Perfektionsdenken und vor allem weniger Erwartungen. Das klingt unschaffbar? Die gute Nachricht ist, dass wir als Eltern mit unseren Kindern wachsen können. Und mit den Erfahrungen, die wir machen. Nach einem WEihnachtsfest, können wir das darauffolgende versuchen für uns zu vereinfachen. Kleine Schritte gehen wir da ganze Jahr über. Denn schwierige Sitautionen gibt es nicht nur an Weihnachten. Sehen wir diese Momente als Möglichkeiten zu üben, wie wir ihnen gelassener begegnen können hilft uns das auch für Zeiten, wenn vielleicht die Argusaugen von Tante Bertha auf uns ruhen und Oma Helga uns mitteilt, dass ein Baby mit vier monaten schon längst durchschlafen müsste….

Wenn du merkst, dass es schwierig wird und du an Themen kommst, die dich  triggern, alten Schmerz wiederaufleben lassen, dann hol dir Hilfe. Sei gut zu Dir, denn nur, wenn es uns Eltern gut geht, kann es auch unseren Kindern gut gehen. Das gilt auch an Weihnachten. 

Ich wünsche euch ein Fest voller Leben, bei dem ihr spüren könnt: das ist meine Familie und so wie sie ist  ist sie perfekt!

Kurze Atempause für dich

Gönn dir zwischendurch kleine Atempausen. Am Besten bevor es zu stressig wird. In diesem Artikel „Kurze Atempause“ habe ich eine Atemübung für dich beschrieben, die gegen Anspannung, Angst und Streß wirkt und jederzeit zwischendurch geübt werden kann: 

Nenn es eine kleine Breathwork Session oder Pranayama oder einfach deine kleine Atempause.

Diese Übung enthält Elemente, die sich nachweislich regulierend auf dein Nervensystem auswirken. Besonders gut funktioniert es, wenn du sie häufig übst und auch dann, wenn es dir gerade gut geht. Dein System lernt und übt sich zu regulieren und kann dies dann auch leichter tun, wenn es mal wirklich überfordert ist.

Autorin

Seit über einem Jahrzehnt begleite ich Familien in verschiedenen Lebenslagen. Auf meinem Blog schreibe ich über Themen, die mich  beschäftigen und berühren. Von Bindungs- und Neurowissenschaften über Entwicklungspsychologie bis hin zu Stressprävention, Trauma und Burnout.

Es geht um alles, was Eltern und Fachkräfte bewegt – und was uns hilft, unsere Kinder gut ins Leben zu begleiten. Manchmal teile ich auch persönliche Einblicke aus meinem Alltag als Mutter von drei Kindern.

Hast du Themenwünsche oder Fragen? Ich freue mich auf deine Nachricht!

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