3 Tipps für die Familienfeier mit Baby oder Kleinkind
Zu Familienfeiern gehört die gemeinsame Mahlzeit dazu. Ein großer gedeckter Tisch, um den alle Familienmitglieder gemütlich beisammen sitzen, sich angeregt unterhalten und das Essen genießen. Klirrende Gläser, klapperndes Besteck, Gelächter und dazwischen ein glückliches Kleinkind. So zumindest die Vorstellung – und möglicherweise auch die Realität. Bis wir Kinder bekommen…. Denn dann ändert sich alles.
Wer kann schon noch mit Baby oder Kleinkind am Tisch sitzen, entspannt plaudern und Geschichten der Familie oder von Freunden hören? Zumindest nicht das Elternteil, das den Hauptteil der Care-Arbeit übernimmt bzw das Elternteil das die primäre Bindungsperson ist. Wenn du dieses Elternteil bist dann wirst du mit deinem Baby beschäftigt sein. Du wirst es auf dem Schoss oder Arm haben, du wirst es stillen, du wirst aufstehen und durch den Raum gehen, es trösten, den Ort wechseln, wenn die Reize zuviel werden, einen Sapzeirgang machen oder ins Nebenzimmer gehen. Wieder stillen. Windeln wechseln, wieder trösten, es zum Schlafen hinlegen…. und nicht mal selber dazu kommen ein paar Bissen mitzuessen, geschweige denn den Geschichten von Onkel und Tante lauschen oder dich selber aktiv in eine Unterhaltung einbringen können.
Mit Kleinkind sieht es nicht viel anders aus. Denn deinem Kind wird ein solches am Tisch sitzen und sitzen bleiben schnell langweilig. Die Energien von der Familie können zuviel sein. Die Erwartungen von Beteiligten zu viel Druck, den Kinder spüren. Ruhig sein, ordentlich essen, keinen Quasch machen, warten bis die Großen fertig sind, brav alle begrüßen, höflich sein, zurückhaltend und gleichzeitig sich von allen aber drücken oder hochheben lassen, wenn sie das wollen…
Was kannst du tun, damit Zusammenkünfte mit der Familie, Familienfeiern, Hochzeiten oder Partys möglichst entspannt ablaufen? Hier sind ein paar Ideen, wie ihr euch möglichst gut vorbereiten könnt.
Zwischen eigenen Bedürfnissen, Erwartungen anderer und der Begleitung deines Babys / Kleinkinds
Besonders die Essens-Situationen sind für Eltern mit Babys und Kleinkinder oft Streß pur.
Denn einerseits sind da die eigenen Vorstellungen, Wünsche und Bedürfnisse. Wir wünschen uns einfach auch mal ein paar Worte mit unseren Freunden oder der Familie wechseln zu können, in Ruhe am Tisch zu sitzen oder wenigstens einen Gang mitessen zu können. Unere Bedüfnisse nach Nahrung, nach Kontakt und Verbindung aber auch nach Anerkennung melden sich in solchen Momenten.
Dann stehen auch die Erwartungen der anderen Gäste, wie die Feier oder das Zusammentreffen ablaufen sollte im Raum. Wenn du das erste mal mit Baby oder Kind teilnimmst und es neu für die Verwandtschaft ist, dass du nun nicht mehr eine Einzelperson bist, sondern quasi im „2er Pack“ erscheinst (denn nichts anderes ist es, wenn du mit Baby oder Kleinkind zu einer Party gehst).
So werden sich alle erst daran gewöhnen müssen, dass sie nicht mehr deine ungeteilte Aufmerksamkeit haben können, dass du schnell abgelenkt sein wirst, dass du vielleich tsogar nicht mal sitzenbleiben wirst, sondern immer wieder aufstehst und evtl den Raum und die Situation verlässt, um dich um dein Kind zu kümmern, dass du vielleicht am Boden mit dem Kind spielst oder im Nebenzimmer stillst und so gut wie gar nicht anwesend bist wird nicht jeder verstehen können.
Vielleicht wird dir Unhöflichkeit unterstellt oder dass du keine Grenzen setzen kannst, vielleicht wird deine Erziehungsfähigkeit angezweifelt. „du wirst schon noch sehen“, „auf die Weise tanzt er/sie dir bald auf der Nase rum“. „na, das kind hat dich ja gut im Griff“ und ähnlich wenig wertschätzende Kommentare können sehr verletzend sein. Statt Kontakt und Verbindung, statt eines schönen gemeinsamen Abends gehen wir also mehrfach frustriert, traurig, unzufrieden und oft auch hungrig nach Hause.
Tipp 1: Essen
Plant die Essens-Situation und geht davon aus, dass ihr kaum bis nicht teilnehmen könnt.
Zu Hause essen
Am Besten esst ihr Eltern und auch das Kind zu Haue bevor ihr zu Feier geht. Wenn ihr nicht hungrig auf der Party erscheint ist schon mal ein großer Punkt, der das Kind und euch stressen kann, weniger.
Ihr könnt denjenigen, die es gut mit euch meinen und gern hätten, dass ihr euer Kind ignoriert oder dass es lernen muss zu warten, mitteilen, dass es kein Problem ist, wenn ihr jetzt mit dem Kind spielt, weil ihr sowieso schon gegessen habt bevor ihr gekommen seid und nicht hungrig seid. Häufig (nicht immer) kommen solche Kommentare auch deshalb, weil sie sich Sorgen machen und euch etwas gutes tun wollen.
Eigenes Essen und Knabbereien mitnehmen
Wenn dann doch der Hunger kommt und es einfach unmöglich ist länger als zwei Minuten oder überhaupt am Tisch zu sitzen ist es total wertvoll, wenn ihr etwas dabei habt, das ihr „auf die Hand“ nehmen und mitnehmen, im stehen, beim tragen, beim spielen oder wann/wo/wie auch immer essen könnt.
Und nicht nur für euch selbst. Auch für Euer Kind ist es eine gute Idee, wenn ihr etwas dabei habt. Denn mit ziemlicher Sicherheit wird es nicht Nudeln pur mitohne Käse geben, es wird auch nicht unbedingt Verständnis. da sein das kleine grüne Zeug (Petersilie?) aus der Suppe zu fischen oder wenn das Kind das Essen angewiedert und lautstark als bäh sowas ekliges ess ich nicht abtut.
Wer keine Lust auf Diskussionen mit der Verwandschaft über Erziehung und Ernährung hat, sondern wirklich einen entspannten Abend haben möchte, bei dem auch das Kind nicht hungrig und deshalb noch mehr überfordert ist bleibt, tut gut daran, wenn das Kind nicht hungrig auf der Feier ankommt und afür zu sorgen, dass es auch dort ein kindgerechtes Essen gibt. Dort in die Küche stellen und Pfannkuchen backen geht nicht überall und willst du vielleicht auch nicht, aber Pfannkuchen daheim vorbereiten, rollen und in einer Dose gut verpackt mitbringen ist eine gute Alternative. Fingerfood, Knabbereien, Obst und anderes lässt sich gut mitnehmen.
Wenn das Verhältnis zum Gastgeber oder der Gastgeberin gut ist kannst du auch vorher absprechen was es zu essen gibt und abschätzen, ob etwas kindgerechtes dabei ist. Vielleicht kann diejenige sogar etwas mit einplanen, was dann für dein Kind zur Verfügung steht. Kommunikation ist alles!
Tipp 2: Werte, Grenzen, Sicherheit
Es ist wichtig, die eigenen Werte zu kennen. Vielleicht überlegst du vor dem Besuch noch einmal, was dir wirklich wichtig ist. Wenn es die erste Familienfeier ist und du noch nicht weißt, was auf dich zukommt, dann ist es manchmal schwer und du kannst dich überrumpelt fühlen. Du willst nicht unhöflich sein und gleichzeitig möchtest du dein Kind schützen.
Es kann sein, dass andere Erwachsene beginnen dein Kind zu erziehen, es zurecht weisen oder ihm vielleicht drohen, dass es keinen Nachtisch bekommt oder der Nikolaus so sicher keine Geschenke bringen wird dieses Jahr, wenn es sich weiter so benimmt. Es kann sein, dass Menschen übergriffig sind, dir dein Baby aus dem Arm nehmen oder es antatschen, obwohl es für dich klare Zeichen macht, dass es ihm zuviel ist. Eltern stecken oft in der Zwickmühle zwischen dem Bedürfnis nach Verbindung und Zusammengehörtigkeit mit der Familie und Freunden und dem Bedürfnis das eigene Kind und dessen Integrität sowie die eigene Integrität zu schützen und zu wahren.
Die eigenen Grenzen und die deines Kindes zu wahren ist ein Entwicklungsprozess. Wir lernen immer dazu und oft merken wir erst in der Rückschau, wo unsere Grenzen übertreten worden sind oder wobei wir uns unwohl gefühlt haben und was wir nicht mehr wollen. Das ist vollkommen okay und eine wichtige Erfahrung, die uns in unseren eigenen Werten stärken kann.
Wenn du weißt, was dir wichtig ist kannst du das wertschätzend in der Familie kommunizieren. Menschen, die deine Grenzen nicht wahren und nicht akzeptieren dürfen auch ein Stopp von dir hören.
Sinnvoller als sich in eine Diskussion oder einen Streit verwickeln zu lassen ist dich deinem Kind zuzuwenden und hier die Verbindung nicht zu unterbrechen. Ein Kind, das vielleicht gerade mit Geschenkentzug bedroht wurde ist in Not und braucht nicht nur dich als Sicheren Hafen, als Bindungsperson, sondern darf von dir auch hören, dass das was der Onkel sagt nicht wahr ist und es sehr wohl ein Geschenk erhalten wird auch wenn es seinen Teller nicht aufisst. Ordne die Situation für Dein Kind ein. Die umstehenden Erwachsenen erhalten damit gleichzeitig eine Botschaft darüber, was dir wichtig ist.
Und: Du darfst Situationen mit deinem Kind verlassen, du darfst dein Kind aus Situationen befreien. Du musst nicht hilflos zusehen, wie dein Baby herumgereicht wird oder dein dreijähriges gemaßregelt wird. Du darfst eingreifen und dein Kind aus der Situation herausholen.
Tipp 3: Kommunikation
Wenn beide Elternteile auf der Party sind sprecht euch vorher ab und vereinart ein Zeichen, das ihr euch geben könnt, wenn ihr Sitautionen verlassen wollt oder wenn ihr euch komplett für den Abend nach Hause verabschieden wollt, weil ihr merkt, dass es zuviel wird.
Besonders Babys und kleine Kinder sind sehr reizoffen. Die vielen Gerüche, Geräusche, Menschen, die unterschiedlichen Emotionen im Raum – all das überfordert schon große Menschen. Babys und Kleinkinder kann es noch mehr überreizen. Wenn du merkst, dass es für dich oder dein Kind genügt ist es besser sich lieber früher als später von der Feier zu verabschieden oder sich irgendwo eine Auszeit zu nehmen.
Vielleicht gibt es einen Raum, in den ihr euch zurückziehen könnt. Mit kleinem Baby wird ein solcher Ort, wo du vielleicht stillen und es zwischendurch zum Schlafen hinlegen kannst – und in dem du auch selber Ruhe findest – hilfreich sein. Ansonsten wäre es besser nur einen kurzen Besuch einzuplanen und wenn möglich auch von vornherein zu kommunizieren, dass ihr zb zum Nachmittagskaffee kommen werdet aber nicht zum Abendessen bleiben werdet.
Ein Zeichen braucht es oft, damit das andere Elternteil nicht überrascht ist, sondern dass ihr euch beide verabschieden und euch so vor allemgegenseitig unterstützten könnt, auch wenn viele Stimmen dabei sind, die euch zum Bleiben auffordern oder nicht verstehen, wenn ihr schon so früh oder nach so kurzer Zeit wieder gehen wollt.
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Autorin
Seit über einem Jahrzehnt begleite ich Familien in verschiedenen Lebenslagen. Auf meinem Blog schreibe ich über Themen, die mich beschäftigen und berühren. Von Bindungs- und Neurowissenschaften über Entwicklungspsychologie bis hin zu Stressprävention, Trauma und Burnout.
Es geht um alles, was Eltern und Fachkräfte bewegt – und was uns hilft, unsere Kinder gut ins Leben zu begleiten. Manchmal teile ich auch persönliche Einblicke aus meinem Alltag als Mutter von drei Kindern.
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